Zwei Taucher, ein Fjord!
Darum Norwegen.
Nicht ohne Gründe hatten Trockentauchsportfreund Torsten und ich dieses Tauchziel auf die sprichwörtlich lange Bank geschoben - die beschwerliche und mindestens 25stündige Anreise sowie das Klima rund um Europas Regenhauptstadt Bergen gehörten auf jeden Fall dazu.
In der Hoffnung wenigstens einige der regenfreien Tage des Jahres zu erwischen, buchten wir uns im Juli 2017 über die top-gestylte und sehr informative Webseite der Gulendiver ein 6-Tage-Tauchpaket. Das Paket Gulen-Highlights besteht aus einem Mix von Wrack-Touren, Makro- und Hausrifftauchgängen – also alles das, was den ambitionierten Unterwasserfotografen anspricht.
Gebucht. Gezahlt. Gefahren.
Der Weg.
Fast 1.300 Kilometer auf deutschen, dänischen und norwegischen Straßen sowie der Fähre zwischen Hirtshals und Kristiansand lagen Ende August vor uns. Allein die Fahrt dorthin wäre einen eigenen Blogeintrag wert gewesen, so lange dauerte sie, so spannend war sie - mit jeder Menge Regen, Elchen, Füchsen, Mäusen auf den mehr oder weniger breiten bzw. gut ausgebauten Straßen, dem des nächtens monumental-beleuchteten Wasserfall Late-Voss, einer aufgrund von Sprengarbeiten gesperrten Straße - um die es keine Umleitung gab (!)-, Temperaturen kurz über dem Gefrierpunkt - wohlgemerkt im Sommer - und einem Kreisverkehr im Tunnel, der direkt an die imposante Eidfjordbrücke anschließt.
Mit welcher Landschaft Norwegen seine Besucher erwartet, lässt sich weder mit Worten beschreiben noch auf Bildern zeigen. Klar, man sieht die mächtigen Berge während einem die Augen trotz absoluter Müdigkeit immer größer werden, aber beschreiben lässt sich das nicht. Unglaublich.
Die Tauchbasis.
Das nächste Highlight erwartete uns bei der Ankunft auf der Tauchbasis: Ein kleines und sehr feines El Dorado für Tauchsportbegeisterte, traumhaft direkt am Gulafjord gelegen, perfekt mit Blick Richtung Süd-West ausgerichtet, Schlafgelegenheiten für maximal 16 Taucher in 8 Doppelzimmern, Gemeinschaftsraum, Küche, Bad, Terrasse und das alles direkt neben der bestens ausgestatteten Tauchbasis. Ein Schlauchboot sowie ein weiteres und sehr komfortables auf die Bedürfnisse von Trocken- und Tec-Tauchern ausgelegte Boot mit eigenem Lift ergänzen das tolle Angebot. So kann man nach dem Bootstauchgang ohne Mühe aus dem Wasser auf das Boot gehoben zu werden! Das sollte zum Standard erklärt und eingeführt werden. Das Hausriff war ohne Mühe erreichbar - man konnte direkt von der Tauchbasis hinfallen. Perfekt.
Der Staff und die Touren.
Der Service der beiden Tauchguides Guido und Adrian war unschlagbar. Das Briefing für die Tauchgänge am Hausriff oder vom Boot aus waren erfrischend klar und präzise beschrieben - ausführliche und spannend vorgetragene Geschichten rund um die Wracks und Landschaftstauchplätze die es sehr zahlreich im Gulafjord, Eidfjord, Søgnefjord zu betauchen gab.
Derart gut vorbereitet ging es zum Check-Dive am Hausriff und an den folgenden fünf Tagen zu je zwei Bootstauchgängen, mit mehr oder weniger guter Sicht, bei Sonne, Regen, Niesel- oder Starkregen zu einigen Wracks, Steilwänden, Kanälen, Sandflächen, mit ihrem vielfältigen farbenfrohen Bewuchs.
Übrigens schloss sich an jeden Tauchtag ein sehr schöner, wenn auch hüftumfangverbreitender Brauch an: selbstgebackene Waffeln mit verschiedensten Marmeladen und einem frischen Kaffee. Einfach lecker!
Das Unterwasserleben.
Knallbunte Seeanemonen, weiße und orangene Seenelken, Seesterne in allen Farben, Formen und Größen, weiße Seescheiden in weitläufigen Kolonien, ebenfalls weiße Seeigel aber auch bunte Lippfische trifft man mit Abstand am häufigsten hier in den Fjorden unter Wasser an. Auf den Rängen folgen die Dorschartigen, wie z. B. der Stint, Wittling, Pollack oder Kabeljau in allen Größen, der Nagelrochen, die tapsigen Taschenkrebse und gut getarnten und überaus schmackhaften Jakobsmuscheln.
Sehr selten und deshalb unsere Highlights waren die Entdeckung von insgesamt vier verschiedenen Nacktschneckenarten sowie ein Seeteufel in Nordkanal der Insel Hille. Es geht einem das Taucherherz auf, wenn man auch nach mehr als 400 Tauchgängen immer noch wieder etwas Neues entdeckt. Das macht das Tauchsportvergnügen letztlich aus.
Die Wracks.
Die Wracks stammen größtenteils aus den Jahren 1944 und 1945, dem Ende des Zweiten Weltkrieg. Dramatische Szenen müssen sich hier seinerzeit abgespielt haben. Jede Menge an Verlusten waren bei den Kriegsparteien zu beklagen gewesen. Das schwingt natürlich bei jedem Tauchgang mit. Guidos detaillierte Schilderungen der Ereignisse und vermuteten bzw. tatsächlich überlieferten Gründe die zum Sinken der Schiffe und deren späteren Entdeckung führten, potenzierte das Taucherlebnis in erheblichem Maße. Am Wrack der Tyrifjord konnte man beim Anblick der demolierten Backbordwand förmlich das Torpedo einschlagen hören beziehungsweise sehen, das zum Untergang führte.
Einige der Wracks waren trotz Beschuss vor mehr als 70 Jahren noch so gut erhalten, dass die Unterwasserspaziergänge auf den Decks, an den Hecks, Bugs, Aufbauten, Brücken oder den bei den Dampfschiffen teilweise bestens erhaltenen Schornsteinen wahre Wracktauchvergnügen waren! Und im Gegensatz zu den Massen an Tauchern, die im Roten Meer zu den Wracks gekarrt werden, hatten wir diese Wracks stets für uns allein. Das hat dann schon etwas mystisches!
Die Landschaftstauchgänge.
Aber auch die Landschaftstauchgänge waren fantastisch, anders, beeindruckend. Allein zwischen den Fjorden zu fahren ist ein unbeschreibliches Erlebnis. Die Oberflächenpause, die man als Taucher zwischen zwei Tauchgängen einhält, um die Stickstoffsättigung im Blut weiter zu senken, sich auszuruhen, die Pressluftflasche wieder zu befüllen und das gerade unter Wasser erlebte zu verarbeiten, verbrachten wir hier meistens im Vorbeiziehen an den schroffen Felsen der Fjorde. Kein Wunder dass sich Seeadler, Bergziegen, Fischotter oder Schweinswale inmitten der unberührten Natur zeigten. Fantastisch. Beeindruckend. Einfach fjordtastisch!
#diveandsmile
Bildergalerie
-
Auf der Terrasse. Auf der Terrasse.
-
Seeigel im Siggi-and-Roy-Style! Seeigel im Siggi-and-Roy-Style!
-
Bunt - Lippfisch, Kelp und Seeanemone Bunt - Lippfisch, Kelp und Seeanemone
-
Seeigelarm an Seeanemone Seeigelarm an Seeanemone
-
Jakobsmuschel Jakobsmuschel
-
Fahrt durch die Fjorde. Fahrt durch die Fjorde.
-
Schwamm drüber! Schwamm drüber!
-
Lippfisch im Kelp Lippfisch im Kelp
-
Finde den Seeteufel! Finde den Seeteufel!
-
Nacktschnecke #1 Nacktschnecke #1
-
Fjordblick Fjordblick
-
Altes Eisen! Altes Eisen!
-
Im Frack zum Wrack Im Frack zum Wrack
-
Hille - Nordkanal Hille - Nordkanal
-
Seestern Seestern
-
Nacktschnecke #2 Nacktschnecke #2
-
Nagelrochen Nagelrochen
-
Seeanemone Seeanemone
-
Nacktschnecke #3 Nacktschnecke #3
-
Biozoen Biozoen
-
Seestern Seestern
-
Wittling Wittling
-
Seespinne Seespinne
-
Nacktschnecke #4 Nacktschnecke #4
-
Die heimliche Hauptstadt Gulen Die heimliche Hauptstadt Gulen
-
Mitten im Fjord Mitten im Fjord
-
Briefing by Guido #1 Briefing by Guido #1
-
Wracktastisch! Wracktastisch!
-
Deckspaziergang Deckspaziergang
-
Gut bewachsenes Deck Gut bewachsenes Deck
-
Briefing by Guido #2 Briefing by Guido #2
-
Wracktastisch! Wracktastisch!
-
Seenelke in der Bordwand Seenelke in der Bordwand
-
Bewachsener Mastbaum Bewachsener Mastbaum
-
Seenelken Seenelken
-
Qualle an Seenelken Qualle an Seenelken
-
Nacktschnecke #5 Nacktschnecke #5
-
Lippfisch und Seeigelballett im Kelp Lippfisch und Seeigelballett im Kelp
-
Lippfisch an der Tonne! Lippfisch an der Tonne!
-
Sunset @ Gulafjorden Sunset @ Gulafjorden
https://www.baltic-diver.net/index.php?option=com_k2&view=item&id=403:zwei-taucher-ein-fjord#sigProIde638c733c7