Der Nebel des Grünen
Zu viele Taucher verderben die Sicht - oder wie man unbedachten Flossenschlägen auch noch die beste Sicht vermasselt bekommt.
Mit Enthusiasmus bereitete Martin vom Bluelifecenter in Rostock einen Ausflug für seine Gäste, Freunde und Kunden vor. Und so stand am zweiten Wochenende im Januar - zumindest für mich zum ersten Mal - das Tauchen im Schweriner See auf dem Plan. Es konnten dort sogar Scooter Aquaprop der Marke Bonex getestet werden. Mit diesen drolligen propellergetriebenen Geräten kann man sich unter Wasser ziehen lassen. Klasse!
Mit jeder Menge Vorfreude ging es dann am Samstag in aller Frühe zu Kosies Divecenter nach Raben-Steinfeld am süd-östlichen Ufer des fast 800 Millionen Kubikmeter Wasser fassenden Gewässers nahe der namensgebenden Landeshauptstadt Mecklenburg-Vorpommerns.
Ankommen, das Auto einparken, Tauchzeug auspacken und erstmal das Tauchgequassel genießen.
Beim Briefing mit Martin auf dem Bootssteg war die Sicht von dort bereits 1A (siehe Bild #1 in der Galerie). Glasklar und still lag der 61,5 km2 große See vor uns, dessen tiefste Stelle etwas mehr als 52 Meter misst. Eine Telefonzelle und die erste Übungsplattform in fünf Metern Tiefe konnten wir bereits vom Steg aus sehen. Also nichts wie rein in den wärmenden Unterzieher und den Trockentauchanzug, das Equipment auf Einsatzordnung gebracht und nach dem obligatorischen Buddy-Check als erstes Team abgetaucht.
Den tauchsportbegeisterten Besucher erwarten gleich nach dem Abtauchen die bereits erwähnte Telefonzelle, später zwei Übungsplattformen, sowie diverse Boots- und Autowracks auf einem toll angelegten Parcour, den man (auch ohne Scooter :-) sehr bequem in einer Stunde abtauchen kann.
Im Gegensatz zu unseren Tauchgängen in der Ostsee, die meist im Bereich von vier bis neun Metern liegen, kommt man hier gut und schnell auf fast zwanzig Meter Tiefe. Das fetzt.
Unglaublich, wie gut und weit wir bereits von Beginn an schauen konnten. Langsam dödelten wir tiefer, schauten uns die ersten Wracks, Krebse, Barsche und mächtigen, mit Muscheln bewachsenen Seile und Ketten an. Dann war es mit der Beschaulichkeit jäh vorbei - links, rechts, oben, unten pfiffen die Scooter an uns vorbei, überall surrten die Elektromotoren der handlichen Unterwasser-Zugmaschinen. Zu allem Überfluss trafen wir kurz darauf mit weiteren drei oder vier Buddy-Teams auf ca. 12 Metern Tiefe zusammen.
Das war Rudeltauchen par excellence. Braucht niemand, ließ sich aber heute nicht vermeiden. Tja.
Wie in John Carpenters Horrorklassiker von 1980, so fühlten Trockentauchsportfreund Torsten und ich uns in diesem Moment nach Antonio Bay versetzt, dieser (fiktiven) Kleinstadt an der kalifornischen Küste, einen Tag vor deren 100. Geburtstag. Der Nebel des Grauens bzw. wie in unserem Fall Der Nebel des Grünen zog auf und kam uns bedrohlich nah (Bilder #7 bis #10 in der Galerie). Gruselig.
Denn wer beim Tauchen mit unbedachten Flossenschlägen auf dem Grund eines Gewässers Sediment und Staub aufwirbelt, verkürzt die Sichtweite unmittelbar und lang anhaltend. Wir waren drauf und dran, hier und jetzt in diesem Nebel des Grünen zu versinken. Die Protagonisten im Film retteten sich vor dem Nebel und Blakes düsteren Gesellen seinerzeit in die Kirche des verwunschenen Ortes. Uns blieb heute nur die Flucht vor der Nullsicht, dem absoluten Grauen eines jeden Tauchers, über einen anderen als den von uns geplanten Süd-West-Kurs.
Das war knapp aber auch gut zugleich, denn auf unserem zwangsweise eingeschlagenen Süd-Ost-Kurs gab es zwar weniger Attraktionen zu sehen, dafür verwandelte das spärliche Licht die Unterwasserlandschaft dort hinter der Steganlage in ein türkis-grünes Refugium. Herrlich.
Weder die von Carpenter erschaffenen Geisterschiffe noch die Seelen ertrunkener Leprakranker oder Warnmeldungen der Radiomoderatorin Stevie Wayne vor aufziehenden Nebelbänken störten den Rest unseres Tauchgangs. Schwein gehabt - im doppelten Wortsinn, denn nach dem Tauchen standen Feuerschale sowie ein Grill bereit und das unter Wasser Erlebte konnte taucherstammtischmäßig bei Bratwurst, Nackensteak und hausgemachtem Kartoffelsalat Revue passieren. Einfach großartig.
Später, wenn sich der Nebel des Grünen gelegt haben wird, werden wir einen weiteren Versuch starten, um den Rest des Areals abzutauchen und die anderen Attraktionen zu finden.
#diveandsmile
Bildergalerie
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1A-Aktion! 1A-Aktion!
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Klare Sache. Klare Sache.
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Abgewrackt. Abgewrackt.
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Übung macht den Meister. Übung macht den Meister.
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Ebenfalls abgewrackt. Ebenfalls abgewrackt.
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Alte Seilschaften. Alte Seilschaften.
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Gehen der Sache auf den Grund. Gehen der Sache auf den Grund.
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Zu viele Taucher... Zu viele Taucher...
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Nebel des Grauens!? Nebel des Grauens!?
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Stevie Wayne... Stevie Wayne...
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Ein Krebs. Ein Krebs.
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Noch ein Krebs. Noch ein Krebs.
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Bilderrätsel! Bilderrätsel!
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Taucher, halb und halb. Taucher, halb und halb.
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Schilf, halb und halb. Schilf, halb und halb.
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Weitere Informationen
- Gewässer:
- Binnensee
- Art des Tauchgangs:
- Fotografie
- Tiefe:
- 18,1m
- Wasser:
- 3,2°C
- Luft:
- 0°C
- Sichtverhältnisse:
- sehr gut