Typisch zyprisch - grün, blau, türkis über und unter Wasser.

Abgewrackt auf Zypern.

Zwei Deutsche, eine Russin und ein Ungar tauchen im Mittelmeer vor der zypriotischen Küste mit einem Italiener zu einem schwedischen Wrack... - so oder ähnlich fingen politische Witze in den 1980er Jahren an, die seinerzeit schon nur selten witzig waren, es heute leider immer noch nicht sind, dafür jedoch die Realität auf den Tauchbasen dieser Welt. Gut so.

Vor mehr als 38 Jahren hätte dieser Witz sowieso nicht funktioniert, denn die Roll-On-Roll-Off-Fähre Zenobia sank im Juli 1980 auf ihrer Jungfernfahrt von Malmö in Schweden nach Syrien unter mysteriösen Umständen. Zum Glück kamen Menschen dabei nicht zu Schaden. Aber des einen Freud ist des anderen Leid: Der eine verliert ein nagelneues Schiff mit mehr als einhundert Lastkraftwagen samt Ladung, der andere gewinnt einen 172m langen, 23m breiten und faszinierenden Tauchplatz in perfekter Sporttauchtiefe zwischen 23m und 42m. Divetastisch und Grund genug, unsere diesjährige Tauchtour nach Larnaka auf Zypern zu planen, in dessen unmittelbarer Nähe die Zenobia liegt.

Jedenfalls regten die Viking-Divers mit ihrer informativen Webseite unseren Tauch-Appetit an. Kurze Anfrage über das Kontaktformular gestellt und eine freundliche und unmittelbare Antwort von Minna, der guten Seele der Tauchbasis erhalten - so stellt man sich das vor. Flüge und Hotel für Mitte Juni waren dann zügig gebucht, die Anreise inklusive eigenem Tauchgepäck unkompliziert.
Von Larnaca gut erreichbare Wracks, wie z. B. das Motorschiff Cricket aus dem ersten Weltkrieg oder das Fischerboot Nemesis und einige schöne aber äußerst fischarme Tauchplätze, stellten uns Spiros, Colonel der zypriotischen Armee und begeisterter Tauchguide, und die anderen Guides vor. An den folgenden Tagen lernten wir diese dann zunächst beim Checkdive und den weiteren elf sehr gut vorbereiteten, sicheren und entspannten Boots- und Landtauchgängen kennen.
Ob der Skulpturenpark in der Green Bay, die Tunnels and Caves in Cavo Greko oder den end- und farblosen Steinformationen am Konnos Point - bis auf die Zenobia steckten wir an jedem Tauchplatz nur einmal den Kopf für 35 bis 75 Minuten in das 23 bis 24° Celsius warme Wasser.
Flötenfische, Barrakudas, Mittelmeermuränen, einige wenige Kleinfischschwärme, Rotfeuerfische, Zackenbarsche, Röhrenwürmer, Einsiedlerkrebse, Seeigel, Umbraculum (Galerie Bild #13), Feuerwürmer und an drei Stellen Nudis, also Nacktschnecken, zählten zur spärlichen Fauna in diesem Teil des westlichen Mittelmeeres. Zur Flora möchte ich nicht viel sagen bzw. schreiben - aber ich behaupte, dass es in der Ostsee mehr Unterwasserpflanzen gibt als an den besuchten Tauchplätzen. Nun ja.

Eine Insel, viel Militär

Dafür gibt es auf der Insel vier Armeen, die hier aktiven Dienst verrichten. Der zypriotischen Armee im Südwesten der Insel steht die türkische Armee im Nordosten gegenüber - dazwischen sorgen die UN-Blauhelme in der sogenannten Green-Line für Entspannung. Die britische Armee hält sich in den Exklaven Akrotiri und Dekelia auf, die sich das Empire 1960 mit Entlassung Zyperns in die Unabhängigkeit sicherte. Der Linksverkehr auf den Straßen und einige koloniale Gebäude im historischen Altstadtkern Larnacas ließ das Königreich als Erinnerung zurück. Heute bevölkern neben den 1,1 Millionen Zyprioten jede Menge freundliche und entspannte Touristen ob der gleichbleibend hohen Luft- und Wassertemperaturen ganzjährig nicht nur diesen Teil der Insel. Auffallend wenig deutschsprechende Touris liefen bzw. tauchten uns über den Weg. Dafür eine äußerst musikalische Tauchgruppe aus Spanien, die auch noch unter Wasser ihrem Temperament und dem ausgeprägten Hang nach Gesang verfielen. Ob bei einem gemeinsamen Tauchgang am Wrack der Alexandria für oder mit dem Flötenfisch gesungen wurde, konnte ich aufgrund meiner fehlenden Sprachkenntnisse nicht in Erfahrung bringen. Mir kam das Singverhalten der Iberer jedenfalls ziemlich spanisch vor.

In Erfahrung bringen konnten wir jedoch eine Menge über die Zenobia. Mit unserem SSI-Specialty Nitrox EAN legten wir vor Jahren bereits den Grundstein für das Verlängern der Grundzeit innerhalb der Sporttauchgrenze bis 40 Meter. Hier konnten Neoprentauchsportfreund Torsten und ich sinnvoll darauf zurückgreifen. Meistens ist man durch die Tiefe und den damit verbundenen höheren Luftverbrauch begrenzt. Hier jedoch ließ sich mit einem Nitrox-Gemisch von 29 Prozent Sauerstoff und nur ca. 71 Prozent Stickstoff die Grundzeit deutlich verlängern, also die Zeit die man ohne Dekompressionsstopp zu riskieren auf der größtmöglichen Tiefe verweilen kann. Tiefer als 40 Meter ging es hier ohnehin nicht und das entspricht bei einem Sauerstoffpartialdruck von 1,4 genau dem Druck, ab dem Sauerstoff toxisch wirken kann. Somit konnten wir zwei großartige Tauchgänge mit verlängerter Grundzeit an der Zenobia planen.

Wenn man am Heck der Zenobia abtaucht und an den beiden Schiffsschrauben (Galerie Bild #7) vorbeischwebt, deren Durchmesser größer als die eigene Körpergröße ist, kann man fast wieder die Spanier und ihren Hang zum Musikalischen verstehen. Beeindruckend trifft es nicht ganz, denn weiter an der noch aufstehenden Ladebordwand, bietet sich ein unvorstellbares Bild. Dort liegen die Lastkraftwagen so, wie sie nach dem seitlichen Absinken der Fähre direkt vom Freideck auf den Meeresgrund gefallen sind (Galerie Bild #5). Wenn man aus 20 Metern Tiefe so langsam auf die 40-Meter absinkt werden die Spielzeugautos naturgemäß immer größer. Zu dem Highlight des Tauchgangs hatte mich Marco, der italienische und äußerst toughe Guide vorher gebrieft. Ich sollte an den Fahrerkabinen auf Grund gehen und zwischen den Achsen und Rädern der vier LKWs hindurchtauchen. Gesagt, getan.

An den letzten so heftigen Adrenalinstoß kann ich mich nicht erinnern. Das kann am Alter liegen oder eben daran, dass es ihn so noch nicht gegeben hat. Tja.

Mit einem weiteren EAN, 29 Prozent O2 und ca. 71 Prozent N2, planten wir den zweiten Tauchgang an der Zenobia mit einer sogenannten Penetration, also dem Eintauchen in das Wrack. Das obere Cargo-Deck, die Brücke, das Restaurant auf dem Vorschiff und - falls es die Gruppe zulassen würde - einen Flur mit Passagierkabinen briefte uns der emsige Guide. Nun hieß es ab ins Wrack. Das hatte ich bisher vermieden - zu groß das Unbehagen für zu wenig Tauchspaß. Hier war das anders, denn das Wrack hat so riesige Ausmaße, dass auf dem Vordeck jederzeit der Aufstieg, auch ein eventueller Notaufstieg, möglich waren. Marco mit seiner Sidemount-Ausrüstung lieferte die notwendige Ruhe und Sicherheit dafür. Also ging es endlich ab ans bzw. ins Wrack. Etliche LKWs lagen auf der Innenseite der Backbordwand wie Matchbox-Autos in einer Spielzeugkiste und ergaben eine verwirrend interessante Collage. Am Ende des Vordecks konnte man den blau schimmernden Ausgang sehen. Später dann, in der Brücke konnte man den Blick auf den Bug (Galerie Bild #9) erhaschen, den auch der Kapitän gehabt haben dürfte - seinerzeit allerdings horizontal. Der Untergang zog sich im Juli 1980 über mehr als zwei Tage und endete auf seiner Backbordseite liegend. So hat man heute nur noch den vertikalen Blick - und den nicht nur auf den Bug.

#diveandsmile

Zwischen den LKW am Wrack der Zenobia (C) balticdiverchristian

Bildergalerie

Weitere Informationen

Gewässer:
Mittelmeer
Tiefe:
bis 41 m
Wasser:
23°C
Luft:
bis 40°C
Sichtverhältnisse:
gut

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